Hardware-in-the-Loop-Test (HiL-Test)
Prüfstand für Tests unter realistischen Bedingungen

Was ist Hardware in the Loop (HiL)?

Beim Hardware-in-the-Loop-Test (HiL-Test) wird eine elektronische Steuerung oder mechatronische Komponente (Prüfling) in einer realitätsgetreuen Echtzeitsimulation geprüft.

Der Hardware-in-the-Loop-Simulator ahmt eine Vielzahl von Anwendungsszenarien originalgetreu nach und berücksichtigt dabei auch die spätere Betriebsumgebung des Prüflings, z. B., indem es Laufzeiten des echten Systems beibehält und realistische Rauschpegel auf die Signale gibt. Der Prüfling wird also vom HiL-Prüfstand ausgetrickst und “denkt”, dass er sich während des Tests im fertig-montierten Produkt befindet.

Mithilfe eines Hardware-in-the-Loop-Prüfstands kann der Prüfling schnell, kosteneffizient und realitätsnah auf korrekte Funktion getestet werden. Die Wiederholbarkeit von HiL-Simulationen unter exakt denselben Bedingungen erlaubt den objektiven Vergleich des Prüflings mit anderen Prototypen oder sogenannten “Golden Samples” (als gut erachtete Prüflinge) in der Entwicklungsphase.

National Instruments PXI für Hardware-in-the-Loop-Tests (HiL-Tests)

Abb.: Die National Instruments PXI-Plattform eignet sich hervorragend für Hardware in the Loop (HiL)

Ablauf eines Hardware-in-the-Loop-Tests (HiL-Tests)

Das vom Prüfling zu steuernde bzw. zu regelnde System (z. B. Fahrwerk, Flugsteuerung, Fertigungslinie) wird im HiL-Prüfstand möglichst detailgetreu nachgebildet. Die Nachbildung der Betriebsumgebung erfolgt heutzutage überwiegend virtuell. Falls zwingend erforderlich, kann aber auch reale Umgebungshardware in die Hardware-in-the-Loop-Simulation integriert werden.

Der Prüfling wird über seine verschiedenen Ein- und Ausgänge mit dem HiL-Simulator verbunden und der Hardware-in-the-Loop-Prüfstand beginnt mit der Echtzeitsimulation. Das Simulationsmodell liest die Signale des Prüflings aus und reagiert mit entsprechenden Antworten (z. B. simulierte Sensor- oder Kameradaten). Der Datenfluss wird dabei umfassend protokolliert. So kann in kurzer Zeit das Verhalten des Prüflings in Tausenden von Betriebssituationen analysiert werden. Dabei können auch Abläufe betrachtet werden, die in der Realität nur schwierig oder gar nicht testbar wären (z. B. Kollisionen, Strömungsabrisse).

Abgrenzung zu verwandten Tests

Hardware in the Loop vs. Software in the Loop (HiL vs. SiL)

Wird lediglich die Software eines Prüflings mithilfe einer realitätsgetreuen Simulation getestet, ohne dass diese auf der tatsächlichen Hardware des Prüflings läuft, redet man von Software in the Loop (SiL).

SiL kommt in frühen Entwicklungsphasen für die Softwarevalidierung eingebetteter Systeme zum Einsatz, bspw. wenn die Hardware eines Prüflings noch nicht verfügbar und HiL somit nicht möglich ist. Während SiL kostengünstiger und flexibler ist, bietet die HiL-Validierung die notwendige Robustheit für den Realbetrieb.

Meist werden beide Verfahren kombiniert.

Reale Tests

Der Hardware-in-the-Loop-Simulator kann nur einen begrenzten und reduzierten Ausschnitt der Umgebungswelt darstellen. Insbesondere bei menschlichen Interaktionen stoßen Simulationsmodelle schnell an ihre Grenzen. Daher kann HiL die Anzahl der notwendigen Realtests mit dem fertigen Endprodukt zwar signifikant reduzieren, aber nicht gänzlich ersetzen.

Auf der anderen Seite sind HiL-Tests schneller sowie kostengünstiger durchführbar, wodurch sie gleichzeitig die Testanzahl steigern und Entwicklungszeit verkürzen können. HiL-Simulationen können erfolgen, noch bevor die Betriebsumgebung fertiggestellt ist. Weiterhin sind verschiedene Testdurchläufe bei HiL deutlich besser vergleichbar. Zudem können Grenz- und Störfälle oder Systemversagen simuliert werden, die sich aus Aspekten der Sicherheit oder Anlagenverfügbarkeit in der Realität nicht umsetzen lassen.

Auf den ersten Blick weist der Hardware-in-the-Loop-Test Parallelen zum Funktionstest auf, da bei beiden Verfahren Signale an die Eingänge eines Prüflings gesendet und dessen Reaktion ausgewertet wird. Beim Funktionstests steht aber das Testen hinsichtlich einer Spezifikation im Vordergrund, in der gewünschte Reaktionen des Prüflings auf einzelne Eingangszustände dokumentiert sind.

Im Hardware-in-the-Loop-Prüfstand hingegen werden komplexe, realitätsgetreue Simulationen durchgeführt. Folglich finden sich HiL-Prüfstände mehrheitlich in Entwicklungsabteilungen, während Funktionstests überwiegend der produktionsbegleitenden Qualitätssicherung dienen. Zuletzt können Funktionstests auch schon bei Komponenten niedrigerer Ebene als Steuerungen und Regelungen durchgeführt werden, bspw. für einzelne Leiterplatten.

Beispiele für Hardware-in-the-Loop-Anwendungen

Die HiL-Simulation kommt besonders in Branchen zum Einsatz, in denen komplexe und teilweise verteilte Steuerungs- und Regelungssysteme verwendet werden. Denn wenn viele Prozesse und viele Steuerungen vielzahnig ineinandergreifen, können bereits kleine Abweichungen vom Regelziel verheerende Folgen haben. Dies ist beispielsweise in folgenden Branchen der Fall:

  • Luft- und Raumfahrtindustrie (z. B. Flugsimulationen und Flugdynamikregelungen)
  • Automobilindustrie (z. B. Fahrzeugdynamik und -steuerung)
  • Energieerzeugung (z. B. Generator- oder Turbinenregelung)
  • Industrieautomatisierung (z. B. Anlagensteuerung)

Neben Tests kann der HiL-Simulator auch zur frühzeitigen Inbetriebnahme von eingebetteten Systemen verwendet werden. Gerade wenn die spätere Einsatzumgebung schlecht erreichbar ist oder nur begrenzte Zeit zur Verfügung steht, ermöglicht die HiL-Umgebungssimulation eine bequeme Erstinbetriebnahme direkt im Hardware-in-the-Loop-Prüfstand. Dies ist bspw. bei Offshore-Anlagen oder Systemen mit hohen Verfügbarkeitsanforderungen der Fall.

Was benötigt man für einen HiL-Prüfstand?

Für einen HiL-Test benötigt man eine Plattform, die Echtzeitsimulationen ausführen kann, Systemschnittstellen der späteren Betriebsumgebung des Prüflings bietet und auch die Lasten und das “Rauschen” der Betriebsumgebung nachbilden kann. Ein Hardware-in-the-Loop-Simulator umfasst typischerweise folgende Hauptbestandteile:

  • Mindestens einen Echtzeitprozessor, der als Herzstück des HiL-Prüfstands Testschritte deterministisch ausführt und Ergebnisse protokolliert (z. B. National Instruments PXI). Bei Prüfsystemen mit hohen Anforderungen an die Verarbeitungsleistung kommen mehrere, synchronisierte Echtzeitprozessoren zum Einsatz.
  • Simulationssoftware (z. B. VeriStand von National Instruments) und Bedienoberfläche erlauben die Kommunikation mit dem Echtzeitprozessor, die Konfigurationsverwaltung und Prüfautomatisierung, die Anzeige von Prüfanweisungen sowie die Darstellung der Berichterstattung.
  • Über I/O-Schnittstellen werden Digital-, Bus- oder Analogsignale zwischen dem HiL-Simulator und dem Prüfling ausgetauscht. Aus Sicht des Prüflings besteht dabei kein Unterschied zwischen dem Prüfstand und der echten Betriebsumgebung.
  • Ersatzlasten täuschen dem Prüfling vor, mit seiner späteren Zielhardware verbunden zu sein. Je nach Anforderung kann aber auch reale Umgebungshardware in die Hardware-in-the-Loop-Simulation integriert werden. In diesem Fall werden Einwirkungen auf die reale Umgebungshardware vom Echtzeitprozessor veranlasst und diese direkt über die vorgesehenen Schnittstellen mit dem Prüfling verbunden.
Aufbau eines Hardware-in-the-Loop-Prüfstand (HiL-Prüfstand) ohne reale Umgebungshardware

Abb.: Aufbau eines HiL-Prüfstands ohne reale Umgebungs­hardware

Aufbau eines Hardware-in-the-Loop-Simulator (HiL-Simulator) mit realer Umgebungshardware

Abb.: Aufbau eines HiL-Prüfstands mit realer Umgebungs­hardware

Die wachsende technische Bedeutung verteilter Systeme lässt sich auch in der Steuerungs- und Regelungstechnik beobachten. Viele Prozesse werden nicht mehr nur durch eine einzelne Steuer- oder Regeleinheit, sondern von mehreren digital vernetzten Einheiten gelenkt. Hardware-in-the-Loop-Prüfstände werden dem gerecht, indem sie auch mehrere verschiedenartige Prüflinge im Verbund testen können. Bei Bedarf werden dazu mehrere HiL-Simulatoren gekoppelt.

Bei der Auswahl des Testsystems sollte auf eine Ausgewogenheit zwischen möglichst vielseitigen Einsatzmöglichkeiten auf der einen und möglichst niedrigen Kosten sowie guter Usability auf der anderen Seite geachtet werden. Außerdem sollten Systemkomponenten flexibel austauschbar und Erweiterungen möglich sein, um auch für zukünftige Anforderungen von Hardware-in-the-Loop-Tests gewappnet zu sein.

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Gerne steht Ihnen unser kompetentes und kreatives Team mit Rat und Tat zur Seite. Als National Instruments Partner sind wir bestens mit dem leistungsstarken HiL-Portfolio eines führenden Anbieters vertraut. Wir unterstützen Sie – von der einfachen Integrationsaufgabe bis hin zum schlüsselfertigen HiL-Prüfstand. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktanfrage!